OV Ehrenfeld diskutiert mit Patrick Fels, Picture by JBM, CC BY 4.0 Unter dem Titel „Antisemitismus erkennen und begegnen“ diskutierten über zwanzig Mitglieder und Gäste der SPD-Ehrenfeld mit Patrick Fels von der Fachstelle gegen Antisemitismus des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln am Donnerstag, dem 21. März 2024, im Bürgerzentrum Ehrenfeld. Angesichts der aktuell brisanten Situation in Nahost und gleichzeitiger rechtspopulistischer Machtfantasien bei den anstehenden Wahlen, ging es darum für Antisemitismus zu sensibilisieren und ein besseres Erkennen seiner Erscheinungsformen zu ermöglichen.
Eingangs erklärte Patrick Fels an Beispielen, wie Antisemitismus von Jüdinnen und Juden als latente Belastung und Gefahr empfunden wird, der ihre Lebensperspektiven bedroht. Er führte aus, in welchen Facetten –unabhängig vom politischen Standpunkt- er die demokratische Kultur eines respektvollen zwischenmenschlichen Miteinanders in unserem Land bedroht. Bis heute erleben antisemitische Stereotype eine erhebliche subtile Akzeptanz bei Teilen der nichtjüdischen Bevölkerung – und das nahezu ungebrochen von historischen Ereignissen, wie dem Holocaust in der NS-Zeit. Ursächlich sind historisch verwurzelte Vorurteile und Narrative mit unbelegbaren Unterstellungen, die kaum hinterfragt werden. Daran hat auch nichts geändert, dass Absichten und Wirkung von Fake News heute als Bedrohung endlich ernst genommen werden.
In ihrer Dokumentation für das Jahr 2022, kommt die Meldestelle des NS-Dokumentationszentrum auf 83 antisemitische Vorfälle in Köln. Gemeldet wurden u.a. ein Brandanschlag auf den jüdischen Friedhof in Bocklemünd, drei tätliche Angriffe und zwei Bedrohungen gegenüber Einzelpersonen. Das Groß der Vorfälle bezieht sich auf Verletzendes Verhalten (65), gezielte Sachbeschädigung (8) und Massenzuschrift (4). Tätliche Angriffe wurden meist durch das Tragen der Kippa ausgelöst; unter verletzendes Verhalten zählen z.B. antisemitische Karikaturen in Schulen, Schmierereien in der Öffentlichkeit und Aufrufe in Zusammenhang mit Versammlungen.
Erscheinungsformen von Antisemitismus sind die Behauptung, Juden gehörten nicht zur Gesellschaft, die Leugnung oder Bagatellisierung des Holocaust und Verschwörungsmythen. So haben religiös motivierte Stereotype wie „Christusmörder“ eine lange, unwidersprochene Tradition. Der politisch weltanschauliche Hintergrund umfasst einerseits rechte Ideologien, die eine rassistisch begründete Ungleichheit von Menschen bis hin zum Ausschluss von der Menschenwürde proklamieren. Daneben besteht der antiisraelische Aktivismus, der sich im Wesentlichen gegen die Politik des Staates Israel richtet und häufig auf antisemitische Argumentationsmuster zurückgreift.
In der offenen Aussprache über den Vortrag wurde deutlich, welchen Mut es bedeutet, jüdische Symbole in der Öffentlichkeit zu tragen. Den scheinbar unüberwindlichen historischen Mythen müssten klare Fakten entgegengesetzt werden. Kritik an der Politik der israelischen Regierung dürfe nicht dazu führen, jüdisches Leben abzulehnen oder zu bedrohen. Unabhängig von der realen Unvereinbarkeit der jeweiligen politischen Standpunkte, gibt es gemeinsame Wirkungsinteressen antisemitischer Akteure: Die Ablehnung von Toleranz und allgemeingültigen Menschenrechten bis hin zur Zerstörung der Institutionen, die diese schützen. Damit geht Antisemitismus uns alle an!
Die Antwort auf die Ausgangsfrage, was man antisemitischen Erscheinungen erfolgreich entgegnen kann, ist relativ einfach: Aufmerksamkeit auch gegenüber subtilen Äußerungen und Zivilcourage für eine wehrhafte, respektvolle und demokratische Gesellschaft. Einig war man sich aber darin, dass nicht damit zu rechnen sei, dass Antisemitismus auf absehbare Zeit aus dem Alltag verschwindet.