Bericht von der Mitgliederversammlung am 24.03.2011

Veröffentlicht am 28.03.2011 in Veranstaltungen

von Tom Busch

Am 24.03. führte die SPD-Ehrenfeld eine Mitgliederversammlung zum Thema „Bericht aus Berlin und aus der Welt“ durch. Eingeladen war Rolf Mützenich, „unser“ SPD-Abgeordnete in Berlin und zugleich außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Neben der Atomkatastrophe in Fukushima kann man die gesellschaftlichen Umwälzungen in der arabischen Welt und im Speziellen die Intervention der Vereinten Nationen in Libyen ruhig als Thema Nummer 1 auffassen. Kein Wunder also, dass sich Rolf dieses Mal mehr mit dem Teil „aus aller Welt“ - also seinem Leib- und Magenthema - beschäftigte und einen Überblick über die Situation in Nordafrika / im Nahen Osten gab. Weltpolitik in Ehrenfeld, ja, auch das ist möglich.

Rolf berichtete, dass sich die Länder von Marokko bis Syrien in einem nachhaltigen Veränderungsprozess befinden würden. Charakteristisch für die Situation vor Ort sei dabei eine enorm junge Bevölkerung (Beispiel Jemen: 45 % der Bevölkerung unter 25 Jahren). Extrem hohe Arbeitslosenraten (in Teilen auch jenseits von 30%). Voranschreitende Verstädterung mit einer unzulänglichen Infrastruktur (Bildung, Müllentsorgung, Medizin) bei rasant ansteigenden Bevölkerungszahlen. Unterentwickelte Beteiligungsmöglichkeiten für die Bevölkerungen. Problematisch dabei sei auch, dass die bestehenden Einnahmen in den entsprechenden Ländern (z.B. aus dem immerhin florierende Energiewirtschaftszweig) zu sehr in unübersichtlichen Kanälen versickern würden. Die dortigen Staatsformen seien zu starr, es bräuchte bessere Regierungen und mehr Freiheit in den Ländern, um die Herausforderungen lösen zu können.

Tagesaktuell schilderte Rolf seinen Abwägungsprozess, weshalb er den Sicherheitsratsbeschluss 1973 der Vereinten Nationen, der neben anderen Maßnahmen ebenfalls die Einrichtung einer Flugverbotszone und Schutzmaßnahmen der Zivilbevölkerung zulässt, unterstützen würde. Stämme aus dem Osten Libyens wie in Bengasi hätten aufbegehrt, jugendliche Proteste seien niedergeschlagen worden, ein Bürgerkrieg habe bevor bestanden. Selbst die USA würden, sonst rege in der Ablehnung des internationalen Staatsgerichtshofs, eine Klage gegen Gaddafie wegen Völkermords unterstützen.

Die anschließende Diskussion wurde vor allem durch die Sicherheitsratsentscheidung zu Libyen geprägt. Manche kritische Gesichtspunkte wurden erwähnt. Künftig müsse man gegen große Teile der Welt eingreifen, wollte man aufgrund eines drohenden Bürgerkriegs militärische Interventionen ableiten. Rüstungsexporte müssten endlich konsequent eingeschränkt werden. Der Zynismus sei manchmal eklatant, wenn sich zum Beispiel auf der einen Seite die britische Regierung an der militärischen Intervention beteiligen würde und BP andererseits weiterhin Ölhandel mit Libyen betreibe. Bürgerkrieg habe in Srebrenica und Ruanda stattgefunden, nicht aber in Libyen.

Rolf wies auf die vielen, verschiedenen Perspektiven zu dem Thema hin und unterstrich, dass eine Unterstützung der Resolution für ihn keine leichte Abwägung gewesen sei. Auch er müsse oft an Zynismus denken, wenn er politische Entscheidungen beurteilen müsse. Weshalb würden die Schiffe der Bundeswehr zurückgeholt, wenn die Bundesregierung zumindest für ein Waffenembargo eintreten würde. Weshalb Bundeswehr-Soldaten aus den AWACS-Maschinen über Libyen direkt in die Maschinen nach Afghanistan gesetzt? Die Bundesregierung hätte der Resolution zustimmen und sich zum Beispiel auf die Umsetzung des Waffenembargos beschränken können. Eine Brüskierung der Alliierten sei dadurch vermieden worden. Zwar wären SPD-Abrüstungsinitiativen in der Vergangenheit leider zu oft nicht wirksam geworden, weil es noch zu viele Widerstände auf nationalem und internationalem Parkett geben würde. Und dennoch könne man die Augen nicht vor konkreten Geschehnissen verschließen. Was Gaddafi vorgehabt habe sei falsch gewesen und hätte gestoppt werden müssen.

Die Zukunft der Länder in dieser Region sollte nun nachhaltig unterstützt werden. (Berufliche) Bildung müsste gestärkt werden, die Länder miteinander versöhnt und ein fairer Handel unterstützt werden. Deutschland könnte aufgrund seiner eigenen Erfahrungen die Länder darüber hinaus in ihrer Aufarbeitung der Geschichte unterstützen.

Insgesamt zeigte sich, dass es durchaus spannend zugehen kann auf SPD-Parteiveranstaltungen. Vielleicht finden wir das nächste Mal noch etwas mehr Zeit zur vertieften Erörterung, inwiefern es sich hier tatsächlich um die Verhinderung eines völkerrechtlichen Verbrechens handelt oder eher um die militärische Parteinahme zugunsten einer Bürgerkriegspartei. Wie ich die SPD-Ehrenfeld kenne, wird sie auch zu diesem Thema weiter im Dialog bleiben. Auch mit Rolf. Denn die Weltpolitik findet überall statt – auch in Köln Ehrenfeld.

 
 

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